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Griechisch-Deutscher Gesprächskreis Strategien zum Wiederaufbau Südosteuropas Am 21. Juni 1999 beendete die NATO offiziell die
Luftangriffe auf Jugoslawien, nachdem die jugoslawischen Streitkräfte
begonnen hatten, sich aus dem Kosovo zurückzuziehen. Der Zeitpunkt
hätte nicht besser gewählt sein können, um über den „Wiederaufbau
Südosteuropas nach Beendigung der Jugoslawien-Krise" zu
diskutieren — so das Thema einer Informationstagung, zu der der
Griechisch-Deutsche Gesprächskreis an diesem Tag ins Haus des Deutschen
Industrie- und Handelstages nach Bonn eingeladen hatte. Graf von Walderdorf vom Deutschen Industrie- und
Handelstag betonte in seinem Grußwort, daß der Zeitpunkt
für diese außerordentlich wichtige Veranstaltung hätte nicht
trefflicher gewählt werden können. Unter anderem unterstrich er
das Interesse der deutschen Wirtschaft am Wiederaufbau Jugoslawiens sowie
der Region insgesamt nach einer Demokratisierung und Stabilisierung der
politischen Situation. Im ersten Teil der Veranstaltung wurde der Versuch einer
Bestandsaufnahme der Kriegsfolgen gemacht. Es moderierte Frau Gudrun
Dometeit, vom Focus Magazin, München. Im Einführungsvortrag
von Professor Spiridon Paraskewopoulos von der Universität
Leipzig erläuterte dieser die Schwierigkeiten zum gegenwärtigen
Zeitpunkt, eine genaue Kostenschätzung der immens hohen
volkswirtschaftlichen Schäden, die in Südosteuropa durch die
Jugoslawien-Krise entstanden sind, zu erstellen. Er verwies dabei unter
anderem auf einen Bericht der Newsweek vom 14.06.99, dem zufolge sich die
Schäden auf 30 Mrd. Dollar (EU-Schätzung) bzw. 50 - 150 Mrd.
Dollar (Belgrader Schätzung) belaufen. Paraskewopoulos differenzierte
die Kosten in die Gruppen: Über die Zerstörung der Infrastruktur Serbiens
berichtete Dipl.-Ing. Mark Popovic, der die Vorträge der aus
Belgrad geladenen Referenten Dipl.-Oec. Dr. Miodrag Vujosevic und Dipl.
Oec. Aleksandar Kovacevic verlas, die aufgrund einer
Ausreiseverweigerung der Belgrader Behörden nicht an der Veranstaltung
teilnehmen konnten. Als vorrangiges Ziel bezeichneten die beiden Belgrader
Wissenschaftler die Instandsetzung der Energie- und Trinkwasserversorgung,
um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. Dr. Miodrag Vujosevic legte in seinem Statement eine
erste „anekdotische" Schadensaufnahme vor: Beträchtliche
Zerstörung und oder Beschädigung mehrerer hundert
Wirtschaftsunternehmen sowie mehrerer Dutzend Einrichtungen/Knotenpunkte im
Transport- und Kommunikationswesen (Wassernetz- und
Straßenverbindungen sowie Einrichtungen der Telekommunikation); starke
Beschädigung öffentlicher und versorgungswirtschaftlicher
Einrichtungen in mehr als fünfzig Städten und in vielen
Dörfern; Beschädigung bis hin zur völligen Zerstörung
von über 400 Schulen und Krankenhäusern; Bombardierung von
fünf der neun Nationalparks; das wichtige Tourismusgebiet um Kopaonik
wird aufgrund von Splitterbomben über Jahre nicht begehbar sein. In
seinen Schlussfolgerungen stellte der Referent die Notwendigkeit einer
ökologischen -ökonomischen Neuentwicklung in der Region in den
Mittelpunkt. Dabei gehe es um die Erstellung eines Konzepts des selektiven
wirtschaftlichen Neuaufbaus, das einerseits der notwendigen „schnellen"
wirtschaftlichen Erneuerung Rechnung trage, andererseits aber stärker
auf langfristige ökologische Entwicklung setze. Dabei sei die Region
auf internationale Hilfe angewiesen. Dipl.Oec. Aleksandar Kovacevic stellte in den
Mittelpunkt seiner Ausführungen, daß die Entwicklung in Serbien
und Montenegro mehr eine wirtschaftliche Herausforderung als eine Sache der
Wiederaufbau-Finanzierung sei. Jede Art der Entwicklung solle nach
außen orientiert sein (Exportorientierung und Verbesserung der
internationalen Wettbewerbsfähigkeit). Äußerst wichtig sei
die infrastrukturelle Entwicklung im Transportwesen und Energiebereich sowie
eine parallel verlaufende Kommerzialisierung des Wirtschaftslebens, bei der
neben der Bevölkerung und der jugoslawischen Rentenfonds internationale
kommerzielle und unabhängige Geldgeber sowie internationale
Finanzinstitutionen eine herausragende Rolle spielen. Einen Überblick über die Umweltauswirkungen des
Krieges gab Frau Ursula Schönberger von Bündnis 90/Die
Grünen. Sie begann mit der Feststellung, daß wer die
Verantwortung für seine Handlungen trage, auch die Verantwortung
für die Folgen seiner Handlungen trage. Der Jugoslawien-Krieg sei in
zweierlei Hinsicht ein Umweltkrieg: Ministerialrat Kurt Lietzmann vom
Bundesumweltministerium wies darauf hin, daß Kriege immer mit
Umweltschäden verbunden seien. Zur Zeit gebe es bezüglich
Jugoslawien große Schwierigkeiten bei der Beschaffung
zuverlässiger Informationen. In der Sicherung der Trinkwasserquellen
(Belastung der Oberflächengewässer und der Böden) liege die
Hauptgefahr. Er beschrieb die geplanten Maßnahmen der Vereinten
Nationen und der EU, die darauf abzielen, die entstandenen
Umweltschäden erst zu lokalisieren, dann abzuschätzen und
schließlich mit Förderungsprogrammen gezielt zu beheben. Über die Kriegsfolgen für die
Nachbarländer berichtete Frau Dr. Kica Kolbe von der
Universität Skopje am Beispiel der ehemaligen jugoslawischen Republik
Mazedonien. Die großen Flüchtlingsströme hätten zu
einer Destabilisierung im sozialen Bereich geführt,
Sozialhilfemaßnahmen hätten beschränkt werden müssen,
da die Ressourcen begrenzt seien. Frau Kolbe forderte daher eine schnelle
Rückkehr der Flüchtlinge. Die Europäische Union solle die
Annäherung der Balkanländer an die EU vorantreiben. Dies sei
wichtig für den Demokratisierungsprozeß, so Frau Kolbe. Dr. Viadimir Gligorow vom Wiener Institut für
internationale Wirtschaftsvergleiche wies in seinem Vortrag auf die sehr
hohe Arbeitslosigkeit in der ganzen Balkanregion hin. (Albanien und
Kroatien: 20%‚ Jugoslawien: 30%‚ Mazedonien: 32%‚ Bosnien-Herzogowina:
40%). Nach seinen Schätzungen würden die Befriedigung der
dringendsten Bedürfnisse in den nächsten drei Jahren für den
Kosovo 2 - 3Mrd. Dollar, für Jugoslawien inkl. Kosovo 10Mrd. Dollar
benötigt. Für die Ankurbelung der Wirtschaft, die
makroökonomische Stabilisierung und einen „Marshallplan für
Südosteuropa" würden folgende Summen benötigt: Es sei allerdings eine Illusion zu glauben, daß die
Balkan-Staaten schnell in die EU integriert würden. Auch er forderte
einen „Marshallplan" für Südosteuropa, bezweifelte jedoch,
daß die EU-Integration der Region kurzfristig möglich sei. Die Wirtschaftsberaterin des griechischen
Ministerpräsidenten, Frau DipL-Volksw. Despina Mavri, konstatierte
ebenfalls weitreichende Auswirkungen der Jugoslawien-Krise auf die
Nachbarregionen. Ihre Ausführungen bestanden hauptsächlich aus 2
Teilen: Um die Folgen der Kosovo-Krise korrekt abzuschätzen,
wird die Region in drei geographische Hauptgebiete unterteilt: Im Fall des Tourismus stellen sich die negativen
Einflüsse wie folgt dar: Professor Dimitrios Pantermalis, Abgeordneter der
Sozialistischen Partei Griechenlands (PASOK), bezeichnete die Luftangriffe
als ein Unrecht, weil unschuldige Menschen unter ihnen zu leiden hätten
und das Land dadurch um Jahrzehnte in der Entwicklung zurückgeworfen
werde. Der Abgeordnete der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE),
Stavros Panagiotou, verurteilte die Luftangriffe als eine Aggression
gegen einen souveränen Staat. Alle Mitglieder der griechischen
Parlamentsdelegation — sowohl die Mitglieder der Regierungspartei als auch
die der Oppositionsparteien wie beispielsweise Frau Professor Maria
Konstantopoulou von der Nea Demokratia — betonten ausdrücklich
die Bereitschaft Griechenlands, die Serben und Kosovo-Albaner nunmehr beim
wirtschaftlichen Aufbau und der Demokratisierung zu unterstützen. Über Absicherungsmöglichkeiten bzw. über
die Kriterien für die Vergabe von Hermes-Bürgschaften für
Unternehmen, die in die Region exportieren bzw. dort investieren wollen,
informierte Ministerialrat Dr. Michael Kruse vom Bonner
Wirtschaftsministerium. Diese Bürgschaften werden für
Rumänien, Bulgarien, Mazedonien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina,
nicht aber für Serbien, Kosovo oder Montenegro vergeben.
Entwicklungshilfe wird primär für das Kosovo vorgesehen.
Voraussetzung für Hermes-Bürgschaften sei, daß Jugoslawien
die internationalen Spielregeln einhalte und die Regelung der Altschulden,
die schon vor 1991 entstanden seien, im Pariser Club zustimme. Die
Hermes-Bürgschaften würden im übrigen nach ökonomischen
Kriterien vergeben. Interessierte Bauunternehmen können sich im
Bundesministerium für Wirtschaft bzw. bei der Hermes
Kreditversicherungs AG beraten lassen. Frau Dipl.-Oec. Sonja Bauer vom
Kooperationsbüro der Deutschen Wirtschaft in Berlin, die noch vor einer
Woche in Jugoslawien war, vermittelte einen plastischen Eindruck von den
Schäden in Jugoslawien. Sie berichtete über die Verseuchung der
ganzen Region um Pancevo, wo die Erdölraffinerien bombardiert worden
waren, den Wegfall der Folgeprodukte durch die Bombardierung des
Ammoniakwerkes und den Zustand der Donau ("ein stehendes
ölverschmiertes, schwarzes Wasser, in dem tote Fische an der
Oberfläche liegen"). Durch die NATO-Luftangriffe seien der innere
Handel/Markt der südosteuropäischen Region (Jugoslawien war ein
wichtiger Absatzmarkt und Handelspartner für Mazedonien,
Bosnien-Herzegowina, Bulgarien und Rumänien) zusammengebrochen; der
Handel der südosteuropäischen Staaten mit Westeuropa sei durch die
Zerstörung der Verkehrswege in Jugoslawien (als Transitland)
langfristig beeinträchtigt. Für Jugoslawien sei humanitäre
Hilfe dringend erforderlich. Diese humanitäre Hilfe müsse
über Lebensmittel- und Medikamentenlieferungen hinausgehen und die
Wiederherstellung der elementaren Energie- und Wasserversorgung für die
serbische Bevölkerung einschließen. Durch den Krieg seien mehrere
hunderttausend Arbeitsplätze in Jugoslawien verloren gegangen; die
Menschen seien ohne Perspektive. Wenn Jugoslawien durch die Verweigerung von
Wiederaufbauhilfen weiter in die Isolation getrieben werde, werde das nicht
den demokratischen, sondern den radikalen Kräften Auftrieb geben. Die
deutschen Unternehmen hätten großes Interesse an einer
Beteiligung an dem Wiederaufbau signalisiert. Dabei verwies die Referentin
auf die Risikoscheu des deutschen Kapitals und die Investitionsbedingungen
in Jugoslawien, die insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen
verbesserungsbedürftig seien. Sie forderte die schrittweise Aufhebung
der Sanktionen, um der Wirtschaft Handlungsspielraum zu verschaffen. Die humanitäre Arbeit vor Ort beschrieb der
Sozialwissenschaftler Nikolaus Immer vom Diakonischen Werk der
Evangelischen Kirche im Rheinland, der die enorme Spendenbereitschaft der
deutschen Bevölkerung lobte und erläuterte, welche stabilisierende
Wirkung die Hilfsprojekte haben. Dabei werde besonderer Wert darauf gelegt,
Hilfsgüter immer in der Region einzukaufen und einheimisches Personal
zu beschäftigen. Wichtig sei die Hilfe zur Selbsthilfe sowohl bei der
Wiederinstandsetzung von Wohnhäusern und staatlichen Gebäuden als
auch bei der Krankenversorgung und beim Aufbau der Einrichtungen für
Strom, Wasser und Kanalisation. Alle Projekte würden mit örtlichen
Partnern durchgeführt, wie etwa den Orthodoxen Kirchen. Durch die
Einbeziehung aller betroffenen Bevölkerungsteile bei den
Hilfsmaßnahmen, habe man Vertrauen aufbauen können. Besonderen
Wert lege die Diakonie auf die Förderung von Projekten der
Versöhnung zwischen Albanern und Serben. Aus der jetzigen Situation der
Befriedung könne Frieden nur durch die Überwindung des Hasses
entstehen. DipL-Volksw. Stamatis Milingos vom Athener
Wirtschaftsministerium warf die Frage auf, ob Griechenland nicht quasi
prädestiniert sei, um die Rolle eines ehrlichen Vermittlers in der
Balkanregion zu übernehmen. Er forderte eine rasche Privatisierung,
eine Aktivierung des Bankensektors und eine stärkere
marktwirtschaftliche Öffnung in der Balkan-Region. Die Balkan-Region
habe 10 Jahre nach der Beendigung des Kommunismus eine zweite Chance
verdient. Er stellte einen bilateralen Entwicklungsplan der griechischen
Regierung zum Wiederaufbau Südosteuropas - den OECD-Kriterien
entsprechend - vor, der die Verbesserung und Erneuerung der Infrastruktur,
griechische Direktinvestitionen, die Ausweitung der schon bestehenden
Beziehungen und die Wiederherstellung, Ausweitung und Steigerung des
Außenhandels vorsieht. Das auf fünf Jahre angelegte Projekt setze
als wichtige Maßnahme die Mobilisierung griechischer Privatunternehmen
voraus. Der bald fertiggestellte Entwurf stieß auf großes
Interesse. Im Dritten Teil der Tagung moderierte Herr Reiner
Bauer, vom INES, Dortmund. Professor Heinz-Jürgen Axt von
der Universität Duisburg erläuterte schließlich die
Entstehung des Stabilitätspaktes für Südosteuropa und
zeichnete die einzelnen Phasen bis hin zur Eröffnungskonferenz vom 10.
Juni 1999 in Köln nach. Er beschrieb die organisatorischen Vorkehrungen
und analysierte die Schwächen und Stärken des
Stabilitätspaktansatzes. Er betonte die wichtige Rolle Griechenlands
für den Friedensprozess der Region. Wenn es gelänge, die
demokratische und zivilgesellschaftliche, aber auch die wirtschaftliche
Entwicklung und die Verbesserung der Lebensbedingungen auf dem Balkan
voranzubringen, dann könne der Stabilitätspakt auch
friedenssichernd wirken nach dem Postulat: Demokratien führen
untereinander keinen Krieg. Der Stabilitätspakt werde daran gemessen,
ob sich alle Beteiligten langfristig auf dieses Ziel hin verpflichten und
die dafür notwendigen Mittel aufbringen. Geschäftsstelle:Georg Albrecht
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