METANASTIS

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   Februar 2000                             

 

Deutsch-Griechische Europaschule Berlin

Von Dipl. Ing Leonidas Gegios

 

Geschichtliches

 

Im Schuljahr 93/94 startet die erste Staatliche Europaschule Berlin (SESB). Die Europaschule ist die bildungspolitische Antwort auf ein zusammenwachsendes Europa. Der Versuch seitens der griechischen Gemeinde in Berlin, sich anzuschließen scheiterte, da unterschiedliche Interessen vorhanden waren und an der mangelnden Konsensfindung. Nach der 2jährigen Laufzeit der deutsch-englischen und der deutsch-französischen Europaschule ist die Elterninitiative deutsch-griechisch soweit überzeugt, dass sie erneut einen Anlauf nimmt, sich fast am Ziel sieht, um am 15.11.95 die Gründung des: Förderverein Staatliche Europaschule Schule Berlin SESB –deutsch-griechischer Zug-e.V. zu vollziehen.

Es erfolgt am 14.05.1996 zwischen dem Vizebildungsministers Griechenlands Herrn Paschalidis und der Schulsenatorin Berlins Frau Stahmer ein Treffen in Berlin, welches zu dem Ergebnis führt, dass mit dem Schuljahr 95/96 die erste DT/GR Europaschule in Prenzlauer Berg mit zwei Vorklassen und zwei Ersten Klassen eröffnet wird. Schon im Schuljahr 97/98 können viele griechischsprachigen Kinder am Standort Prenzlauer Berg keinen Platz mehr finden.

Die aktive Mitwirkung des Fördervereins mit der griechischen Seite in Berlin und Athen und die Kontakte zum Bezirksamt Steglitz, führen zum zweiten Halbjahr des Schuljahres 1998/99 zur Eröffnung einer Vorklasse in der neu erbauten 6.Grundschule in der Curtiusstrasse.

Im Schuljahr 1999/2000 findet die offizielle Eröffnung der Grundschule Curtiusstr. 37 als Regelgrundschule mit dt/gr Europazug statt. Inzwischen sind in Berlin 9 Sprachen in 14 Europaschulen vertreten, die allerdings nicht eigenständig sind. In Europa sind insgesamt 12 bilinguale Standorte vorhanden.

Die Einschreibungen für das Schuljahr 2000/2001 zeigen, dass der Bedarf gegeben ist. Das Modell ist als Antwort auf eine multikulturelle Gesellschaft in Europas Großräumen zu sehen und ist mit Abstand das bessere, vor allem trägt das Modell wesentlich dazu bei, dass die Kinder sich als europäische Bürger identifizieren und das miteinander leben besser bewerkstelligen können. Die SESB ist eine Begegnungsschule und leistet mit ihrer kulturübergreifenden Erziehung einen wichtigen Beitrag gegen jede Form der Fremdenfeindlichkeit.

 

Kernelemente des Konzepts der Europaschule Berlin sind:

 

Die Dauer des Schulunterrichts incl. Betreuung, hierbei handelt es sich um eine geschlossene Ganztagsschule incl. Mittagsessen. von MO bis FR  8.00 bis 16.00 Uhr. Die Anzahl der Unterrichtsstunden von der ersten bis zur sechsten Klasse betragen im Durchschnitt:

22 bis 30 Std + 2Förderstunden +2 Std Religion.      72% der SESB-Schüler im dt./gr. Zug fahren mit den Schulbussen des Fördervereins zur Schule

 

Zusammensetzung der Schüler:

16 % sind deutsch, 36 % binational, und 48 %  griechisch. Die Kinder der Diplomaten besuchen ebenfalls die Euroklassen. Von den in Frage kommenden Europaschülern gehen 20 % in Grundschulen der Umgebung.

 

Klassengröße:

Vorklasse: 16 +/-2 Schüler,  Erste Klasse: 24 +/-2 Schüler ( 16  Schüler  aus  der  Vorklasse + Seiteneinsteiger)

 

Parallelzüge:

Damit ausreichend Schüler für die Weiterführung im Sekundarbereich ab der siebten Klasse vorhanden sind, empfiehlt sich pro Standort eine Doppelzügigkeit.  (z.B. 2-3 Vorklassen  +  2 Erste Klassen usw.)

 

Lehrer-Besetzung pro Klasse ohne Nachmittagsbetreuung: Pro Klasse sind 2 Lehrer notwendig, je ein Muttersprachler deutsch bzw. griechisch, diese müssen/sollten jeweils auch die andere Sprache sprechen.

 

Nachmittagsbetreuung, Erzieher/Lehrer dt/gr.: In der Nachmittagsbetreuung werden auch die Hausaufgaben je nach Sprache betreut. (je Standort sind weitere zwei griechische Lehrkräfte tätig, die zwischen den Klassen springen)

 

Moderatorin:

Die Moderatorin stellt eine sehr wichtige Aufgabe innerhalb des Modells dar; mit folgenden Aufgaben:

-Die Übertragung der Rahmenpläne der Berliner Grundschule auf die SESB und deren Bedingungen

-Pädagogische Prinzipien der SESB in der Praxis zu vermitteln und die Kollegen/innen vor Ort bei der Umsetzung zu unterstützen.

-Eine enge Zusammenarbeit zwischen Vorklassenleiterinnen und Lehrern.

-Die Dokumentation von Unterrichtsmaterialien, die sich auf inhaltliche und sprachliche Probleme beziehen zu erarbeiten und zu multiplizieren.

-Sie hat die beratende Funktion gegenüber der Schulleitung.

-Teilnahme an monatlichen Treffen mit den Moderatorinnen der anderen Europaschulen

 

Im BIL (Berliner Institut für Lehrerfort- weiterbildung und Schulentwicklung) werden SESB-Lehrer/innen und Moderatoren/innen betreut und ausgebildet.

 

Die Alphabetisierung (Schriftspracherwerb) erfolgt für Kinder, die mehr Sprachkenntnisse in deutsch haben in deutsch, für Kinder die mehr griechische Sprachkenntnisse haben in griechisch. Etwa am Ende der Klassenstufe 2 erfolgt die Umkehrung der Alphabetisierung beider Gruppen.

Am Ende der Klassenstufe 4, soll der Lernprozess in der zweiten Sprache, (Mutter/Partnersprache) abgeschlossen sein.

Klassenteilung: Beim muttersprachlichen Unterricht wird die Klasse geteilt, d.h. also jede Klasse braucht zwei Räume.

 

Aufteilung der Fächer, sie sind in beiden Muttersprachen in etwa gleich aufgeteilt. (das Muster gilt für alle SESB Sprachen in Berlin) Es finden auch Coop-Unterricht und Projekte statt. Zum Beispiel,

Erstsprache: Mathematik, Kunst in deutsch.

Partnersprache: Sachkunde, Sport, Musik in griechisch.

-Förderunterricht 2 Stunden pro Sprache pro Woche, bei Bedarf auch 3 Std

-Religionsunterricht

-ab der fünften Klasse erste Fremdsprache Englisch

-Nachmittagskurse (Tanz, Basket, Malen, Musik)

 

Curricula

Hierbei gelten die Rahmenpläne der Berliner Schule modifiziert und verstärkt mit europäischen Inhalten;

 

Zusammenarbeit

 

Der Förderverein bemüht sich:

-mit den Fördervereinen der anderen Europaschulen in Berlin, um die Vereinheitlichung der Curricula mit den anderen Europaschulstandorten

-um die Einführung des Modells in Ballungszentren europaweit

-um Mitwirkung bei der Europaunion und Arbeitskreise u.a.

 

Dem Förderverein ist es gelungen, in Zusammenarbeit mit aktiven Eltern aus Thessaloniki, ab dem Schuljahr 00/01 in Thessaloniki die erste gr/dt. Europaschule nach dem Berliner Modell zu aktivieren.

Kontaktadresse: Thessaloniki: Seligaris, Christos

Telefon privat,            003031-223503

Geschftl.         003031-529776

 

Gegenstand aktueller und künftiger Anstrengungen

 

-Der Förderverein bemüht sich um das Finden eines Schulgebäudes in der Stadtmitte, für die Unterbringung der SESB-Züge bei den Grundschulen ab der 7ten Klasse, Schuljahr 02/03.

-Einige Sprachen (z.B. Griechisch, Portugiesisch) sind noch nicht auf der Liste der Fremdsprachen in den Oberstufen; (Griechenland muss über die KMK- Konferenz eine Lösung erwirken).

-Nachmittagsbetreuung: Es müssen ausreichende Lehrkräfte/Erzieher für die Nachmittagsbetreuung in der nativen Sprache gestellt werden.

-Die geringfügigen Abweichungen im Unterricht innerhalb der 12 Standorte in Europa müssen zu einem einheitlichen Modell ausgeglichen werden.

-Es muss mehr Information an die Eltern herausgegeben werden, um der mangelnden Bereitschaft zum Verständnis der Bilingualität und deren Problematik entgegen zu wirken. Dieses mangelnde Verständnis für das Modell betrifft vorwiegend rein griechische Eltern

und sollte von offizieller griechischer Seite durch Aufklärung und Werbung für dieses Schulmodell behoben werden.

-Angestrebt werden eigene Schulgebäude für Euroklassen mehrerer SESB-Züge. Unabhängig vom Regelbetrieb der Grundschule soll ein besseres Verständnis der gemeinsamen Probleme solcher SESB's durch eigenständige Schulgremien erfolgen, auch ein besseres Verständnis der Schüler untereinander muss gefördert werden.

-Europäische Begegnungsganztagsschule multikulturell von 8.00‑16.00 Uhr, von der Vorklasse bis max. der 13ten Klasse

Zitat von Frau Dr. A. Knubbertz:

"Der pädagogische Provinzialismus ist nicht aufrecht zu erhalten, Mehrsprachigkeit wird die Norm sein".

-Bessere Koordinierung der Schulbücher für die Euroklassen und einheitliche Bezahlung aus EU-Mitteln.

 

Begleiterscheinungen - Probleme - Wünsche

 

-fehlendes Finanzvolumen der Länder (die Klasse ist fast doppelt so teuer)

-mangelnde Bezahlung der native Speakers,  (Probleme bei der Anerkennung der Diplome)

-Mangel an qualifizierten bilingualen Lehrkräften  (einzelne Länder, eigene Maßnahmen GR, Por, Pol; GR z. B. bietet darüber hinaus Griechischunterricht für die deutschen Lehrer an)

-Es muß sichergestellt werden, dass auch die Nachmittagsbetreuung 100% bilingual geregelt wird.

-mangelnder Austausch unter den Schulen bedingt durch "Schule in der Schule“, da keine

selbstständigen Schulgremien bestehen.

-mangelnde Kenntnis vieler  Eltern über die Vorzüge der bilingualen  Ausbildung

-Durchsetzung der Anerkennung des Schulabschlusses EU -weit

-Eine wissenschaftliche Begleitung ist zwar vorhanden, aber mangels Finanzen ist diese auf

-Sparflamme gesetzt. Diese Begleitung muss festgeschrieben und ausreichend finanziert werden.

Deswegen kann: "Nur Bilingualität" im Ausbildungssystem in Deutschland und Europa (vom Kindergarten an) die Antwort auf die Frage der Benachteiligung sein.

Lassen Sie uns hiermit für die neuen Generationen von Europa arbeiten. Das "Berliner Modell" ist ein Meilenstein auf diesem Weg.

 

Zur Person: Herr Leonidas Gegios, ist 1948 in Athen/GR geboren.

Abitur an einem humanistischen Gymnasium in Athen. Seit 1964 in Deutschland. Studium an der TU-Berlin mit dem Abschluss als Wirtschafts- -Dipl.- Ing.

Bei IBM ein Aufbaustudium mit Abschluss als Informatiker, anschließend als Systemberater für HW & SW bis 1991 tätig.

1995 Mitbegründer der dt/gr Europaschule in Berlin; im Förderverein zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit; Mitarbeit an der Dachorganisation der Europaschulen in Berlin. Familienvater; ein Kind in der dt/gr Europaschule.

 

 

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